Der Bassinplatz in Potsdam
Die städtebauliche Entstehung des Bassinplatzes
Die Planungen des Soldatenkönigs, Friedrich Wilhelm I. (1713-1740), hatten in erster Linie die Stadterweiterungen Potsdams zum Ziel. Im Jahr 1721 begann er damit, Potsdam zur Garnison- und Immediatstadt auszubauen (immediat: dem Staatsoberhaupt unterstehend). Nach der ersten Barocken Stadterweiterung (1721 bis 1725) folgte 1733 die zweite Barocke Stadterweiterung. Es handelte sich dabei um das Gebiet nördlich der Altstadt von der Charlottenstraße im Süden bis zur Hegelallee und zur Kurfürstenstraße im Norden, einschließlich des Bassinplatzes. Die westliche Begrenzung stellte die Schopenhauerstraße, die östliche die Hebbelstraße dar (Bohle-Heintzenberg, 2002). Die zweite Stadterweiterung war 1740, im Todesjahr des Soldatenkönigs, noch nicht abgeschlossen. Erst sein Sohn, Friedrich II. hat die Arbeiten vollenden lassen.
Mit den Stadterweiterungen wollte der Soldatenkönig neue Wohnquartiere für die steigende Bevölkerung bereitstellen; sein Hauptziel bestand jedoch in der Schaffung neuer Unterkünfte für das Militär und neuer Wohnräume und Arbeitsstätten für Handwerker, die zur Versorgung des wachsenden Heeres benötigt und daher nach Potsdam geholt wurden. Friedrich II setzte andere Schwerpunkte als sein Vater. Er sah im Ausbau von Potsdam nicht vorrangig die Stadterweiterung, sondern die Stadtverschönerung (Bohle-Heintzenberg, 2002). Sein Ziel war es, eine repräsentative Barockstadt mit palastartigen Fassaden zu schaffen, möglichst nach französischen oder italienischen Vorbildern. Die sogenannte friderizianische Architektur bekam etwas kulissenhaftes, die Effekte waren für Friedrich II. wichtiger als die Verbesserung der Wohnverhältnisse.
Die Geschichte des Bassinplatzes
„Das Bassin“ ist mit der Zweiten Barocken Stadterweiterung entstanden. Wie das Holländische Viertel gehörte das Gebiet des heutigen Bassinplatzes einst zum Witam, einem großen Sumpfgebiet, das bis zum Heiligen See reichte. Mit der Errichtung des Holländischen Viertels (unten im Foto) wurde der davon südlich liegende Teil des Gebietes in den Jahren 1737-1739 zum „Holländischen Bassin“ gestaltet. Es sollte das Wasser des umliegenden Sumpfgebietes sammeln. Das Becken wurde mit einer Mauer eingefasst und war durch offene Gräben mit dem Heiligen See und unterirdisch mit dem Stadtkanal verbunden. In der Platzmitte wurde auf einer kleinen Insel ein kleiner Pavillon (Gloriette) nach holländischer Art angelegt (roter Backstein mit geschweifter Kuppel). Im Winter wurde das Bassin zum Schlitten- und Schlittschuhfahren benutzt.
Im Jahr 1771 drohte das Bassin wegen des schlechten Abflusses zu versumpfen. Daher ließ Friedrich II. das Becken vollständig reinigen, Mauerwerk einfassen und mit einem Geländer versehen. Im Anschluss daran begann man 1773 an der West- und der Südseite des Platzes mit der Umgestaltung der Randbauten Bohle-Heintzenberg, 2002). In dieser Zeit entstanden an der Westseite des Platzes die Häuserzeile „Am Bassin“, die eine deutliche Beziehung zu der holländischen Architektur aufweist.
Doch durch die Abwässer der Häuser drohte eine erneute Verschlammung des Bassins. Daher begann man im Jahr 1825 mit der Zuschüttung des Wasserbeckens. Nach dem „Verschönerungsplan zu dem Bassinplatz in Potsdam“ (1838) von Lenné hatte das Bassin schließlich eine blasenförmige nach Osten geöffnete Form erhalten. In den Jahren 1867-1869 wurde von den Architekten Salzenberg und Stühler auf dem Bassinplatz die katholische Kirche St. Peter und Paul nach dem Vorbild von St. Zeno in Verona gebaut. Nach 1875 schüttete man den restlichen Teil des Bassins zu, da es wegen einer Typhusepidemie gesundheitliche Bedenken gegen das versumpfte Bassin gab. Nach 1945 wurde die von den Nationalsozialisten glorifizierte Gloriette des Soldatenkönigs abgetragen und stattdessen im Jahr 1949 ein sowjetischer Ehrenfriedhof errichtet (Bohle-Heintzenberg, 2002). Heute wird das Bild des Bassinplatzes auch durch den Busbahnhof und den Marktplatz geprägt (siehe Foto).
Der Bassinplatz
[von Dr. H. Kremer, publiziert in
„Der Bassinplatz – Ein Kampf mit dem Wasser“, Horizonte, 2007]
So sitze ich nun bei kaltem Wetter auf einer Bank auf dem größten Platz der Stadt, fast vier Fußballfelder groß.
Seine Geschichte beginnt vor 250 Jahren, im Zuge der zweiten barocken Stadterweiterung durch den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I.
Es mussten damals weitere Areale der Stadt trockengelegt bzw. drainiert werden. So entstand dieser Teich, fast schon ein kleiner See. Auch andere Plätze in Potsdam verdanken ja ihre Entstehung einem feuchten und sumpfigen Untergrund. Die Geschichte des Platzes setzt sich fort mit der Randbebauung nach französischen, holländischen und italienischen Vorbildern.
An dieser Stelle also stand die Gloriette, die Georg Hermann, der Potsdamer Chronist vor einem dreiviertel Jahrhundert noch sah. Ein kleiner Ziegelbau mit geschweiftem Dach und einer Laterne obenauf, mitten in dem großen ovalen Becken, das wegen seines geschweiften Randes einst „Bratenschüssel“ getauft wurde. Es gibt die Legende, dass besagter Soldatenkönig in der Gloriette sein Tabakskollegium abgehalten habe. Aber das stimmt wohl nicht ganz. Johann Boumann, der Ältere, ein Holländer aus Amsterdam, soll das Häuschen gebaut haben.
Ein Mann, „der sich die Architektur angewöhnte“, wie Georg Hermann schreibt. “Es fehlte ihm der Funke“, setzt er noch hinzu; aber Kunststück, wenn er ihn ausgerechnet mit v. Knobelsdorf vergleicht, der nicht nur Schloss Sanssouci entwarf, sondern auch die Französische Kirche an der Südost-Ecke des Platzes. Diese scheint nicht für diesen Platz gemacht zu sein. Ihre vornehme Tempelfront wendet sich ab, der Französischen Straße zu. Der 1753 fertig gestellte Rundbau mit seiner Kuppel aus Kupferblech wurde nach dem Vorbild des Pantheon in Rom entworfen, allerdings ein paar Nummern kleiner. Vor die hellen Putzmauern dieses „Pantheons“ schieben sich heute die Baumkronen des Soldatenfriedhofs und vor allem das mächtige Ziegelmassiv von St. Peter und Paul. Diese katholische Kirche wurde 1867 von Stühler und Salzenberg nach dem Vorbild von Sankt Zeno in Verona erbaut. Sie gibt dem Blick einen Halt- und Ruhepunkt.
Auch dieser Bau ist eine Pfahlgründung, wie fast alle anderen Gebäude hier. Doch zurück zu Johann Boumann. Dieser leitete den Bau des Holländischen Viertels auf der Nordseite des Platzes. 1742, nach acht Jahren Bauzeit, war es dann endlich fertig. Der Soldatenkönig hat dies nicht mehr erlebt.
134 schmucke Ziegelhäuser mit und ohne geschweiften Giebeln, hölzernen Portaldekorationen, grün und weiß bemalten Fensterläden, standen sie bereit für die holländischen Handwerker, die der König anwerben ließ. Er brauchte sie dringend für die Melioration von Stadt und Umland Obwohl sie mancherlei Privilegien erhielten, fanden sich dennoch kaum zwei Dutzend Familien ein. So verschenkte er einen Großteil der Häuser an die Grenadiere seines Leibregiments. Es wird schon ein schönes Bild gewesen sein, als sich die roten Ziegelfassaden mit ihren weißen Fugen im Wasser des Bassins spiegelten. Jedoch nicht lange, dann verlandete das Becken wegen des schlechten Abflusses immer mehr. Es bildeten sich Schilfgürtel, in denen Blesshühner nisteten und Frösche quakten. Ein Biotop mitten in der Stadt, das jedoch brackig wurde und „üblen Dunst“ verbreitete.
König Friedrich Wilhelm II. ließ dann durch Lenné den Platz umgestalten, das Bassin wurde stark verkleinert, dichte Baumreihen säumten es. 1875 wurde diese Wasserfläche dann völlig zugeschüttet, aus Gründen der Hygiene, „auf polizeyliche Anordnung“. Dazu noch mal Georg Hermann: „Der Bassinplatz hat sicher eingebüßt, seitdem er Platz wurde. Diese Gloriette war überall einst von Wasser umgeben, solche Art von Teehaus, wie man es in Holland liebt, in den Teichen der großen Besitzungen. Heute aber steht das Häuschen etwas vereinsamt und beziehungslos da, mitten auf dem Platz ……
Mein Blick wandert noch einmal vom Norden, vom Holländischen Viertel, zum Süden, wo heute statt der Barockfassaden Wohnbauten aus DDR-Zeiten stehen. Man hat sie nach der Wende postmodern verschönert; ob sie dadurch wirklich schöner wurden? Doch die Leute wohnen gern dort und das ist das Wichtigste.
Auf diesem Platz, das spüre ich jetzt, ist wenig natürlich und selbstverständlich gewachsen. Vieles erscheint künstlich. Ich spüre hier, wie oft in Brandenburg, diesen starken Willen, sich selbst, den Bewohnern und dem Land etwas abzuringen. Unter großer Anstrengung und gegen Widerstände. Den Willen, sich und seine Umwelt zu bilden und zu kultivieren. Wobei sich dann unbemerkt, neben dem Nützlichen und Zweckmäßigen auch Anmut und Leichtigkeit einstellen können…
Eben „…Utile cum dulci…“, Hermann Kremer
Am Bassin
Die Straße „Am Bassin“ bildet die westliche Begrenzung des heutigen Bassinplatzes. Das ehemalige Bassin ist für die Namensgebung dieser Straße verantwortlich. Die Erstbebauung dieser Straße erfolgte wohl um 1739 (einige Dokumente sprechen von 1734), der heutige Straßenname wird im Jahr 1786 das erste Mal erwähnt (Bohle-Heintzenberg, 2002). Wie bei der Zweiten Barocken Stadterweiterung üblich, wurden die Häuser in dieser Straße zunächst auf Kosten des Königs gebaut und schließlich an interessierten Bewohner von auswärts vergeben. Falls das Haus nicht unmittelbar bezahlt werden konnte, wurden die Gebäude mit Hypotheken belegt.
Als Friedrich Wilhelm I. im Jahr 1740 starb, waren einige der Häuser noch nicht hypothekenfrei. Der Sohn, Friedrich II., strich jedoch die vorgeschossenen Baugelder und schenkte den Bewohnern die Häuser. Eine Erbschaft ermöglichte ihm diesen Schritt. Mit der Übernahme aller Hypotheken sicherte er sich gleichzeitig das Recht, Potsdam nach seinen Vorstellungen zu verschönern.
In einem Neubauprogramm ließ Friedrich II. viele Häuser Potsdams erneuern, so auch die westliche Begrenzung des Bassinplatzes (Am Bassin). Zwischen 1773 und 1785 entstanden die heutigen dreigeschossigen giebelgeschmückten Backsteinbauten. Dabei wurden die Bauten nicht auf den Grundmauern der Vorgängerbauten errichtet, da diese nicht in der Lage gewesen wären, dreigeschossige Massivbauten zu tragen. Wegen der sumpfigen Region rund um den Bassinplatz wurden neue massive Fundamente gebaut.
Der Architekt der Häuser Am Bassin
Die barocke Häusergruppe im holländischen Stil wird dem bedeutenden Architekten der spätfriderizianischen Zeit Carl von Gontard zugeschrieben, in der Literatur zu den Häusern Am Bassin wird kaum daran gezweifelt. Einige Stilmerkmale sprechen für die Handschrift Gontards, so ist die Betonung des Sockelgeschosses durch Rustikastreifen ein markantes Stilmerkmal der Bauwerke von Gontard (Bohle-Heintzenberg, 2002).
Der Holländische Baustil in Potsdam und am Bassinplatz
Schon der Große Kurfürst hatte sich in den Jahren 1634 bis 1638 zu Studienzwecken in Holland aufgehalten und 1646 die Holländerin Luise Henriette von Oranien geheiratet. Viele holländische Architekten waren schon früh an den Bebauungsplänen Potsdams beteiligt. So gab es in Potsdam lange vor dem Bau des Holländischen Viertels eine holländische Tradition. Friedrich Wilhelm I. war ebenfalls ein Verehrer der Niederlande und Friedrich II. führte es weiter fort.
Nachweisbare Vorbilder für die Bauten an der Straße Am Bassin gibt es nicht, die Häuser weichen auch von den holländischen Vorbildern ab. Gontard hat die Häuser in die preußische Variante des Barock umgesetzt.
Der Backstein ist ein typischer Baustoff der niederländischen Architekten. Abgesehen vom Holländischen Viertel, wurde der Backstein in Potsdam nur selten verwendet (Bohle-Heintzenberg, 2002), denn die unverputzte Fassade erfordert schon bei der Wahl der Steine eine große Sorgfalt und setzt bei ihrer Verarbeitung sehr großes handwerkliches Können voraus.